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Die Re-Feudalisierung der Welt durch Eliten

Die Re-Feudalisierung der Welt durch Eliten

Elite-Ereignis: Krönung Charles X von Frankreich, 1827

Definition der Eliten:

Rund 5 bis 10% der Menschheit bilden deren Elite oder wirtschaftliche Oberschicht. Sie verfügen über 90% der wirtschaftlichen Ressourcen der Welt. Eliten sind bestens ausgebildet (Privatschulen) und ausschliesslich ihren eigenen Privilegien und Interessen verpflichtet. Politisch sind sie kaum aktiv, da ihre Interessen durch einen „Mittelstand“ hoffnungsvoller abhängiger Zu-Diener, Politiker und Medienschaffender sicher geschützt und bewahrt werden. Eliten sind flexibel, globalistisch und internationalistisch, mangels Ansprüchen an den Staat, dessen sozialen Verpflichtungen sie daher weitgehend verweigern (Steueroptimierung). Flexibel gebunden sind Eliten höchstens über juristische Konstruktionen an sich wettstreitende Steueroasen. Religion ist für die Eliten als moralisch-ethischer Kodex bedeutungslos, kann jedoch ein wirksames Ordnungsmittel gegenüber den unteren Schichten bilden. Die Lebensqualität der Eliten ist optimiert in von den Unterschichten durch hohe Mietzinse, Bodenpreise und allenfalls privaten Sicherheitskräften geschützten Quartieren, Stadtteilen, oder „Gated Communities“. Eliten haben kaum direkte Berührung zu den unteren Schichten und wenig Verständnis für deren Lebensbedingungen, die sie kaum oder höchstens romantisierend nachvollziehen können.

WICHTIG: Es gibt keinerlei ethnische Merkmale der Eliten, sie bilden sich dort, wo sie sich die entsprechenden Mittel aneignen können. Primär in den USA, Europa, Russland, in Saudiarabien, den Emiraten, in Asien (v.a. China). Es braucht dazu auch keinerlei „Weltverschwörung“. Informelle Willensbildung über gleichgerichteter Interessen durch die zahlreichen Netzwerke ihrer Vertreter genügen vollauf.

Das nicht erklärte stillschweigende Konzept der elitärer Weltanschauung:

Hypothese 1
Die Erkenntnis, dass Wohlstand für alle Menschen der Welt nicht möglich ist. 50% der Menschheit werden immer in Armut leben.

Hypothese 2
Die Elite, ein kleiner Teil der Menschheit der Welt (max. 10%) kann auf Kosten der übrigen Welt (90%) in höchstem Wohlstand leben. Das ist das Ziel der Eliten.

Synthese
Die 10%ige Elite muss mit allen Mitteln dafür sorgen, dass ihr hoher Wohlstand erhalten bleibt. Sie braucht dafür die Unterschichten:
– 40% „Mittelstand“, das „Bürgertum“ abgestuft mit mehr oder weniger hoher Lebenskostendeckung, als hoffende Zu-Diener und Interessenvertreter (Fachleute, Politiker und Lobbyisten),
– 50% Prekariat, als in Schach gehaltene ausbeutbare, negierbare, Armutsbevölkerung.

Umsetzung
Die 10%ige Elite benötigt Mehrheitsfähigkeit. Sie erreicht diese, indem sie, wie erwähnt, die untere 40%ige Schicht des sogenannten „Mittelstands“, zu abhängigen Zu-Dienern und „Interessen-Vertretern“ macht, diese massvoll abgestuft beteiligt und ihnen die Illusion verschafft („Freiheit“), durch Wohlverhalten und Anstrengung zu ihr aufsteigen zu können (Tellerwäscher- oder Casinoprinzip).

Dieser Mittelstand verteidigt die Interessen der Eliten aus Abstiegsängsten uneingeschränkt, er macht deren Interessen zu seinen eigenen ohne je deren Wohlstand geniessen zu können.

Dieses Prinzip ist in Europa und den USA weitgehend akzeptiert und teilweise über feste Partei- und Presselandschaften institutionalisiert (Deutschland).

Mittel zur Umsetzung und zum Erhalt des Wohlstandes der Eliten:

  1. Erhöhung der „arbeitsfähigen“ Bevölkerung zur Senkung der Lohnkosten, vor allem durch Zuwanderung;
  2. Erhöhung der Arbeitslosenquote zwecks Abbau und Liquidierung des Sozialstaats, als Folge des Zuwanderung („Unbezahlbarer“ Sozialstaat) mit der Konsequenz der Eindämmung oder Abschaffung der staatlichen Altersvorsorge und ähnlicher Sozialleistungen;
  3. Bitcoinisierung. Transferierung der von Staaten kontrollierten Finanz- und Geldsysteme zur anonymen unkontrollierten internationalisierten Privatwirtschaft;
  4. Privatisierung. Der Sozialstaat, der die materiellen Möglichkeiten der Elite einschränkt, soll, wo rentabel privatisiert und im Übrigen zurückgebunden oder liquidiert werden (Internationalismus);
  5. Eindämmung der Meinungsfreiheit, sei es über den Eliten wohlwollend gleichgeschaltete Medien, sei es über die 3D-Technologie (Denunzieren, Diffamieren, Dämonisieren) Andersdenkender („Hate Speech“, „Fake News“);
  6. Depolitisierung. Breite politische Willensbildung wird durch Sport und Unterhaltung neutralisiert. Ganz wesentlich ist das Social-Media-Boulevard, das den (Casino-)Traum von der Karriere kolportiert und in der Bevölkerung verankert.
  7. Wiedereinführung der Religion als ethisch-moralisches Ordnungsprinzip für die unteren Schichten der Bevölkerung. Da das Christentum, vor allem in Europa, seine Funktion als ethisch-moralisches Ordnungsprinzip weitgehend eingebüsst hat und sich kaum revitalisieren lässt, kann der Islam mit seiner kraftvollen politisch-strukturierten Ideologie diese Funktion weitgehend übernehmen. Dies kann ebenfalls durch entsprechende Zuwanderung gefördert werden. Die Elite ist von der Re-Missionierung nicht betroffen.

Juni 26, 2017

Wesen, Grenzen und Paradoxien der Ideologien

Wesen, Grenzen und Paradoxien der Ideologien

Was ist eine Ideologie?

Jeder lebende Mensch ist in seinem sozialen Umfeld mehr oder weniger bewusst durch Vorstellungen über sein Sein und die durch ihn wahrnehmbare Umwelt geprägt. Aus diesen persönlichen Wert- und den Weltvorstellungen seines sozialen Umfelds bilden sich Weltanschauungen. Diese sind zu seiner Existenz, zur Bewältigung seines Lebens, ja sogar direkt zu seinem Überleben absolut notwendig.

Weltanschauungen stiften Sinn und sie steuern das menschliche Verhalten innerhalb der gesellschaftlichen Gruppe. Sie sind damit weitgehend unabhängig von irgendeinem „objektiven“ Wahrheitsgehalt.

In sozialen Gruppen geteilte Weltanschauungen mit mehr oder weniger in sich stimmigen Wert- und Regelsystemen werden Ideologien genannt und basieren meist auf philosophischen, naturwissenschaftlichen oder religiösen Grundannahmen und Glaubenssätze. Ideologien werden meist schriftlich niedergelegt und tradiert (Bibel, Koran, Erklärung der Menschenrechte)

Wesentliche Grundannahmen von Ideologien sind beispielsweise:

      • Das Patriarchat, philosophisch-funktional, verstanden als Vorherrschaft des Mannes innerhalb von Gesellschaften.

      • Gott, Götter oder Karma, als Ausdruck eines Systems ausserhalb, bzw. über der Natur stehender und lenkender Kräfte;

      • Evolutionstheorie und die mit ihr verwandten Naturwissenschaften, als nicht weiter zu hinterfragende funktional steuernde Kräfte;

      • Der Mensch, philosophisch-funktional betrachtet, in seiner Geworfenheit als interagierender Teil der durch ihn sinnlich zwar erfahrbaren, jedoch nicht weiter verstehbaren Welt.

    Von wesentlicher Bedeutung für Ideologien ist die Interpretation der Grundannahmen, die eng mit Vorstellungen zu diesen verbunden sind. Zum Beispiel Gott als jüdische, christliche oder islamische Vorstellung in den entsprechenden religiösen Ideologien (Religionen), die Evolutionstheorie als Erklärung und Begründung kapitalistischer und faschistischer Ideologien, der Mensch in seiner Geworfenheit als Basis sozialistischer oder kommunistischer Ideologien.

    Selbstverständlich können sich diese Grundannahmen in der bewussten philosophischen oder politischen Ausformung einer Ideologie mit mehr oder weniger Plausibilität überschneiden. So ist zum Beispiel die Ideologie des Patriarchats eng mit Gott- und Götter-Vorstellungen verbunden. Auch lassen sich Gott-Vorstellungen durchaus mit der Evolutionstheorie verbinden, oder die Evolutionstheorie lässt sich mit der Vorstellung des Menschen in seiner Geworfenheit verbinden.

    Drei wesentliche Anspruchs-Aspekte der Ideologie

    Ideologien zeichnen sich durch absolutistische, universalistische und utopische Aspekte bezüglich ihres Anspruchs aus:

        • Der absolutistische Anspruch. Mit diesem sind dogmatisch gesetzte absolute „Wahrheiten“ einer Ideologie gemeint. Grundsätze und Regeln die nicht hinterfragbar sind oder nur innerhalb eines sehr engen Rahmens modifiziert werden können.

        • Der universalistische Anspruch. Damit ist der Geltungsbereich der Dogmen und Grundsätze von Ideologien gemeint, der weltweit uneingeschränkt und unabhängig von bestehenden Kulturen und diesen übergeordnet gesetzt ist.

        • Der utopistische Anspruch. Ideologien beschreiben nicht oder nur beschränkt den gesellschaftlichen Seins- oder Ist-Zustand, sondern sie richten sich teleologisch auf die Zukunft, auf einen zu erreichenden Idealzustand aus, indem alle Bedingungen und Regelungen der Ideologie ausnahmslos erfüllt sind.

      Die Grenzen von Ideologien

      Das bisher Erwähnte legt nahe, dass Ideologien untereinander inkompatibel sind und untereinander unauflösliche Paradoxa bilden. Dabei sind sie nicht nur gegenüber einander widersprüchlich, sondern auch weitgehend unversöhnlich, weshalb sie und damit die gesamte Menschheit diesen gegenüber in unaufhörlicher Auseinandersetzung stehen. Ideologien sind an Gesellschaften und Gruppen gebunden und widerspiegeln in ihrer Auseinandersetzung mit andern gesellschaftlichen Gruppen die Macht und Deutungshoheit dieser Gesellschaften oder gesellschaftlichen Gruppierungen. Ideologien von Minderheiten werden zwar vorübergehend geduldet, oder es werden zwischen verschiedenen ideologischen Gruppierungen (politische) Zweckbündnisse geschlossen (z.B. Katholiken und Protestanten als Christen; Religionsübergreifende Gruppierungen gegen religionsfreie Ideologien; Soziale Marktwirtschaft als Ausgleich zwischen sozialistischer und kapitalistischer Ideologie).

      Aber Ideologien finden ihre Grenzen immer an anderen Ideologien. Und diese Grenzen lassen sich letztlich nur gewaltsam, durch Taktieren, Missionieren und durch Oktroyieren verändern.

      Das Patriarchat als Basis-Ideologie der menschlichen Gesellschaft

      Die einzige Ideologie die sich flächendeckend in der Menschheit durchsetzen konnte, ist die Ideologie des Patriarchats, der „natürlichen“ („gottgegebenen“) Vorherrschaft des Mannes. Sie fand ihren Ursprung in der Jungsteinzeit (Neolithikum, ca. 11’000 Jahre vor unserer Zeitrechnung) mit der Erweiterung der Jäger- und Sammlerkulturen zu Ackerbau und Viehhaltung. Mit der damit verbundenen Sesshaftigkeit entstand das Konzept des Eigentums und der damit verbundenen Ansprüche. Aus diesem Konzept entwickelte sich schliesslich aus zahlreichen Gründen um etwa 3’000 vor unserer Zeitrechnung die Vorherrschaft des Mannes. Die Ideologie des Patriarchats konnte sich, bis auf wenige ethnologische Ausnahmen, weltweit durchsetzen und bildet bis heute die Grundlage der meisten von dieser abgeleiteten Ideologien.

      Die Ideologie der Menschenrechte

      Auch die Menschenrechte basieren auf ideologischen Grundannahmen. Auch sie sind absolutistisch, universalistisch und utopistisch. Zwar versuchen sie gewisse spirituelle Grundannahmen, ebenso wie naturwissenschaftliche Grundannahmen soweit wie möglich zu Gunsten der Philosophie eines allgemeinen philosophisch-funktionalem Menschenbildes auszublenden. Aber sie setzen sich damit und gerade deshalb in Widerspruch zum Absolutheitsanspruch spiritueller Annahmen verschiedener Religionen, auch des Christentums und besonders ausgeprägt zum Islam.

      Deshalb findet zum Beispiel auch die Ideologie der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte von 1948, ihre Grenzen an der Ideologie der Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam von 1990 und ein weltweiter Kampf um die Deutungshoheit zwischen diesen beiden Ideologien scheint unausweichlich.

      November 13, 2016

      Dei Entwicklung der Menschheit im Ringen um Macht, Deutungshoheit und technologischen Fortschritt

      Dei Entwicklung der Menschheit im Ringen um Macht, Deutungshoheit und technologischen Fortschritt

      Technologie im Fortschritt – Das menschliches Bewusstsein dreht sich im Kreis

      Der Entwicklungsprozess der menschlichen Geschichte ist Ausdruck eines Ringens um Macht und Deutungshoheit auf der Basis des technologischen Fortschritts.

      „Fortschritt“ gibt es nur in der technologischen Entwicklung

      Der technologische Fortschritt der Menschheit ist rational nachvollzierbar, er basiert auf den Naturwissenschaften, auf den empirischen Entscheidungszwängen von Versuch und Irrtum. Zwar wird auch in dieser Hinsicht durch menschliche Gesellschaften immer wieder versucht ideologischen „ethischen“ Einfluss zu nehmen, sei es durch die Auswahl von Forschungsgebieten, sei es durch Einschränkung wissenschaftlicher Versuchsanordnungen. Letztlich aber entscheidet immer das Erfolgspotential neuer wissenschaftlicher Verfahren über deren tatsächliche Anwendung und gesellschaftlichen Implementierung. Das Rad des technologischen Fortschritts kann höchstens vorübergehend aufgehalten aber nicht zurückgedreht werden. Dieser nahezu zwangsläufige technologische Fortschritt steht in einem dauernden Austausch und Reibungsverhältnis mit den Veränderung der menschlichen Gesellschaften und beeinflusst deren Entwicklung massgeblich.

      Die menschliche Gesellschaft verändert sich irrational

      Abgesehen von diesen technologischen Einflüssen entwickeln sich die menschlichen Gesellschaften irrational und „vernunftlos“. Gesellschaftliche Vorstellungen, wilde Ideologien und Utopien, verzerrt in einem irrationalen Mix aus Machtansprüchen, Gier und Ringen um Deutungshoheit, bestimmen die Entwicklung und die Geschichte des Menschen. Es ist ein ewiger Reigen sich ziellos verändender Welt- und Wertvorstellungen. Der Reigen hat kein System, und die gesellschaftlichen Vorstellungen, Ideologien und Utopien wechseln permanent ihre eigenen inhaltlichen Bedeutungen. Beständig finden sprachliche Umdeutungen und Umwertungen hinsichtlich vergangener historischer Hintergründe statt. Die Demokratie wird zur Diktatur, die Diktatur zur Demokratie; Gewalt wird zu Widerstand, Widerstand zur Gewalt, je nach Optik und bestehender Deutungshoheit. Geschichte existiert nicht, sie sagt nur verschleiert etwas über die Vergangenheit aus – aber sehr viel über die Gegenwart.

      Die Auflehnung der Jugend als Motor gesellschaftlicher Veränderungen

      In den durchgehend patriarchalen Strukturen aller relevanten menschlichen Gesellschaften spielt die Pubertät/Adoleszenz und die damit verbundene Auflehnung der ohnmächtigen, aber vitalen Söhne gegen die mächtigen, aber entkräfteten Väter die entscheidende Rolle. Sämtliche Revolutionen und politischen Umwälzungen und gesellschaftlichen Umgestaltungen sind letztlich auf dieser Basis erklärbar. Es ist auf der unveränderbaren Basis des Patriarchats ein Wechsel zwischen weiblich-progressiver und männlich-restaurativen Wellen. Es waren Unterdreissigjährige welche die Französische Revolution ausgelöst und durchgeführt haben, genauso wie die kommunistische Revolution in Russland. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland war ein Aufstand der Jugend, genau so wie der noch die Gegenwart prägende Aufstand der 68er in Europa und den USA und die reaktionäre konservativ-neoliberalen Veränderungen der letzten 20 Jahre.

      Und aktuell werden wir Zeugen von postcolonial und critical race Theory, beides wiederum klassische Aufstände der Jugend der frühen 2000er Jahre.

      Hat eine Umwälzung Erfolg, strebt sie ein homöostatisches Gleichgewicht an, konsolidiert sich und etabliert ein neues Wertesystem, mit neuen relativ stabilen Machtverhältnissen. Mit einer späteren neuen Generation von Söhnen wird dieses etablierte Macht- und Wertesystem wiederum in Frage gestellt, es kommt zu einer neuerlichen Umwälzung und einer Umkehrung der Werte und der Machtverteilung. Wie erwähnt ist mit der Umkehrung der Werte auch immer eine Umdeutung der Begriffe verbunden. Ob gesellschaftspolitische Umgestaltungen (weiblich-)progressiven oder (männlich-)restaurativen Chrarakter haben, hängt von der bestehenden Machtstruktur der alten Garde ab. Hat diese progressiven Charakter, wird sich die Umgestaltung restaurativ ausrichten. Gerade die gesellschaftspolitische Entwicklung der letzten 20 Jahre bedeutet eine solche Umwertung im Sinne einer Restauration des Neoliberalismus und des Vor-68er-Konservativismus.

      Finanzwirtschaft und militärisch-industrieller Komplex: die effektiven konstanten Machtstrukturen der Eliten

      Verborgen von der Öffentlichkeit und unabhängig von den geschilder-ten öffentlichen gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen bestehen die effektiven Machtstrukturen, die sich kaum oder nur sehr langsam verändern. Sie treten kaum direkt an die Öffentlichkeit. Es sind die Finanzwirtschaft und militärisch-industriellen Komplexe der grossen Machtbereiche, vor denen schon der US-amerikanische Präsident Dwight D. Eisenhower am 17. Januar 1961 in seiner „farewell address“ gewarnt hatte.

      Diese Strukturen, ob in den USA, in Europa, Russland oder neuerdings in China überleben die meisten Kriege und politischen Veränderungen. Heute sind sie, mindestens im nichtmilitärischen Bereich, teilweise globalisiert und entziehen sich somit wirkungsvoller Kontrollen durch Staaten. Gesellschaftliche und politische Veränderungen beschränken sich daher fast immer nur auf den öffentlichen gesellschaftlichen Diskurs. Eine Ausnahme bildete lediglich und nur vorübergehend die Russische Revolution von 1918, allerdings war Russland vor 1918 kaum industrialisiert. Die entsprechende Restauration erfolgte erst 70 Jahre später.

      Der Einfluss des technologischen „Fortschritts“

      In dieser Pendelbewegung zwischen Progressivität und Restauration hat der technologische Fortschritt einen grossen Einfluss, zwar weniger in inhaltlicher, vorallem aber in formaler Hinsicht. Gesellschaftliche Umwälzungen sind immer beeinflusst, ja werden ermöglicht durch neue technologische Entwicklungen und deren Implementierung in der Gesellschaft.

      • Die Französischen Revolution wäre ohne die Ausbreitung des Buchdrucks im 18. Jahrhunderts und der damit verbundenen Verbreitung des aufklärerischen Gedankenguts kaum denkbar gewesen.
      • Die kommunistischen Revolutionsversuche des 19/20. Jahrhunderts sind teilweise als Reaktion auf die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts und die damit einher gehende Ausbeutung der Arbeiter zu verstehen.
      • Für den Erfolg des Nationalsozialismus in Deutschland hat der Einsatz der Presse und später der Radio und Film eine grosse Rolle gespielt (Propaganda).
      • Für die Jugendunruhen der 68er waren die Reproduktionstrechnik (Fotokopie), die Verbreitung der Schallplatte (LPs und EPs) und die neue Technologie billiger privater Radiosender von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
      • In den letzten 20 Jahren sind es die Digitalisierung, das Internet mit den sozialen Netzwerken und die Entwicklung der mobilen Telefonie die bei der gesellschaftlichen Veränderung eine zentrale Rolle spielen.


      Die Gegenwart: „Betroffenheit“, Meinungsflutung, Empathie und Alexithymie

      Durch die neuen Technologien von heute gelingen jegliche politische Thematisierungen innerhalb kürzester Zeit („Shitstorm“), wobei diese in der und durch die Medienflutung gleichzeitig auf Kosten der Nachhaltigkeit gehen. Es kann mit diesen Technologien zwar jederzeit sofort eine soziale Pseudonähe („Betroffenheit“) erzeugt werden, die aber ebenso schnell durch eine neue Medienflutung abgelöst wird. Die ausgelöste „Betroffenheit“ ist eine Scheinempathie, die weder Handlungen noch Folgen hat. Bezüglich des menschlichen Verhaltens entscheidend bleibt einzig das direkte soziale empathisch erlebte Umfeld des Menschen. Je weiter die physische und soziale Distanz, desto alexithymischer regiert der Mensch. Hundert Tote in Syrien betreffen uns wesentlich weniger, als die Messerstecherei vor der eigenen Haustüre.

      Meinungsflutung und Informationsanarchie an Stelle gesicherten Wissens

      Die Meinungsflutung durch die sozialen Medien stellen die Autorität der klassischen Medien, Presse, Radio und Fernsehen, aber auch der Wissenschaft in Frage. Anstelle patriarchaler Hierachie tritt Informations-Anarchie. Dies hat wiederum zur Folge, dass Fakten kaum mehr ideologiefrei erhoben oder vermittelt werden können. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden fortlaufend in Frage gestellt und auch mehr und mehr manipuliert, Statistische Erhebungen als weiche wissenschaftliche Erkenntnisse sowieso. Dadurch gerät die Gesellschaft in Widersprüche, die sich nicht mehr objektiv auflösen lassen, sondern nur noch über die Aneignung von Deutungshoheit oder letztlich durch deren gewaltsame Durchsetzung. „Richtig“ im Sinne der Deutungshoheit ist, was sich durch genügende Verbreitung oder ausreichende Manipulation durchsetzen kann, unabhängig von einem objektivierbaren Wahrheitsgehalt.

      Das Ende der klassischen Demokratie

      Anstelle von mangelnder Bildung und Wissen um Zusammenhänge tritt austauschbare, anarchische Informationsflutung. Diejenigen Personen oder Institutionen die über die Medien und Zugang zu den sozialen Kommunikationskanäle verfügen, können zwar mindestens vorübergehend die Deutungshoheit erlangen. Diese Deutungshoheiten sind jedoch fragil und werden ständig neu unterspült. Es kann bezüglich politischer Entscheide kaum mehr gesellschaftlicher Konsens, kaum mehr Einigkeit erreicht werden. Die Folge sind gesellschaftliche Verwerfungen, die demokratische Entscheide in Frage stellen und im schlimmsten Fall zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führen können. Das heisst, wir werden zunehmend von der politisch-psychologischen Durchsetzung der Autorität auf die physische Auseinandersetzung zurückgeworfen. Die traditionelle Demokratie, ob direkt oder repräsentativ , ist für diese neue Form von Auseinandersetzungen nicht gewappnet, da sie auf Solidarität, der konsensualen Basis der klaren Unterordnung der Minorität unter die Majorität und des Schutzes der Minderheiten aufgebaut ist. Müssen hierarchische Ordnungsstrukturen dennoch gewaltsam zurück gewonnen werden, führt dies zwangsläufig zu autoritären Diktaturen in der Form manipulierter Schein-Demokratien. Dazu gehört auch die Entpolitisierung der Massen und speziell der ‚gefährlichen‘ Jugend durch social engeneering mittels Förderung von Sport und apolitischer Idolatrie auswechselbarer „Prominenz“ (‚Kim Kardashian‘).

      Nation, Staat und Menschenrechte – unlösbare Widersprüche

      Nation, Staat und Menschenrechte – unlösbare Widersprüche

      Obwohl sie sich gegenseitig bedingen, sind Nation, Staat und Menschenrechte letztlich inkompatibel zueinander.

      Die Nation, der Staat, definiert sich im weitesten Sinne als politische Ordnung, in der „einer bestimmten Gruppe, Organisation oder Institution eine privilegierte Stellung“ zukommt, hinsichtlich der Ausübung von (politischer) Macht einerseits, hinsichtlich der Entfaltung des Einzelnen, als auch der Gesellschaft andererseits (https://de.wikipedia.org/wiki/Staat).

      Im Gegensatz dazu sind die allgemeinen Menschenrechte eine wünschenswerte Utopie und daher ein Widerspruch in sich selbst (eine Utopie, allerdings, für die es unaufhörlich zu kämpfen gilt!). Utopie und Widerspruch ergeben sich daraus, dass die Menschenrechte uneingeschränkt „universell“ für alle Menschen gelten oder, eher, mindestens den Anspruch dafür bedeuten.

      Obwohl der Staat – und nur dieser – dank seinem Machtmonopol Menschenrechte für seine Bürger durchsetzen und schützen kann, impliziert gerade dies, dass er dadurch zwangsläufig die Menschenrechte von Nicht-(Staats-)Angehörigen  einschränkt und somit verletzt. Beispiel dafür sind etwa die Niederlassungsfreiheit, das Wahl- und Stimmrecht, Eigentumserwerb, die Steuerpflicht, und ggf. weitere Einschränkungen im Zusammenhang mit der öffentlichen Ordnung.

      • Die Funktionsfähigkeit eines Staates ergibt sich ausschliesslich aus seinem Machtmonopol hinsichtlich der Integrität und Gewährleistung seiner Grenzen, innerhalb derer seine (Staats-) Angehörigen leben;
      • dem Rechtsmonopol auf allen Ebenen, der Gesetzgebung, des Vollzuges und entsprechender Sanktion;
      • dem Gewaltmonopol, um seine Grenzen zu sichern (Armee) und der physischen Durchsetzung des Rechtsmonopols (Polizei, Justiz und Strafvollzug).

      Somit schliesst der Staat abhängig von seiner Organisationsstruktur je nachdem, ob diese zentralistisch, föderalistisch, demokratisch oder diktatorisch angelegt ist, immer auch durch die Mehrheit seiner (Staats-)Angehörigen widerspiegelte oder definierte kulturelle Identitäten ein.

      Die Allgemeinen Menschenrechte stipulieren dagegen „universelle“, allgemeingültige Ansprüche für alle Menschen, die unabhängig von der Unterordnung unter die staatliche Macht bestehen (siehe auch http://www.humanrights.ch/de/menschenrechte-themen/universalitaet/).

      Zwar gibt es eine ganze Reihe von Staaten die sich mit allen Mitteln bemühen die ‚Allgemeinen Menschenrechte 1948‘ – so weit wie das für einen Staat überhaupt möglich ist – als Grundlage für ihre Gesetzgebung einzubeziehen. Allerdings ist hierzu viel Pragmatismus notwendig, um dabei die Interessen nationaler oder öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (ordre public), oder den Schutze der Rechte und Freiheiten anderer aufrecht zu erhalten. Wer also bei demokratisch zu fällenden politischen Entscheiden immer gleich einen Verstoss gegen die Menschenrechte wittert, mag zwar moralisch im Recht erscheinen, aber er übersieht das heikle Gleichgewicht zwischen innerstaatlicher Ordnung und der Durchsetzung der Menschenrechte. Denn eine staatliche Ordnung kann auch taktisch oder strategisch durchaus an einseitig interpretierten Menschenrechten scheitern.

      Ausserdem gibt es ebenso viele Staaten, die die Universalität der Allgemeinen Menschenrechte, so wie sie 1948 definiert worden sind, bestreiten und die Scharia als alleinige Grundlage für allgemeine Menschenrechte definieren (https://de.wikipedia.org/wiki/Kairoer_Erkl%C3%A4rung_der_Menschenrechte_im_Islam).

      Auch in dieser Hinsicht ist letztlich ein Machtkampf um die Deutungshoheit über die Menschenrechte unausweichlich.

      Je patriarchal-hierarchischer ein Staat organisiert ist, umso weniger wird er die Allgemeinen Menschenrechte 1948 zur Grundlage seines Agierens machen. Aber anderseits kann nur der Staat die Anwendung der Menschenrechte für alle seine Angehörigen einigermassen sicherstellen und Ansprüche von aussen zu deren Untergrabung abwehren. Der Widerspruch bleibt ungelöst und könnte nur durch eine (utopische) Überwindung und Globalisierung, durch einen Weltstaat gelöst werden, der allen seinen Angehörigen, somit der ganzen Menschheit die gleichen Rechte einräumen würde.

      März 9, 2016

      Stereotypen, Vorurteile und der Umgang mit diesen

      Stereotypen, Vorurteile und der Umgang mit diesen

      Es ist heute üblich jegliche gesellschaftlichen Stereotypen als Vorurteile zu diffamieren und als gefährlich, reaktionär und hinterwäldnerisch zu verdammen. Nur das Individuelle, das Einzelne zählt, ist von Wichtigkeit, darf beurteilt werden. Das ist falsch, ideologisch und schiesst über das Ziel.

      Vergessen wird, dass Stereotypen eine genetische, angeborene Grundvoraussetzung menschlichen Denkens und Verhaltens sind. Wir alle denken, alle – ausnahmslos alle -, in Stereotypen und das ist für unsere Leben ausserordentlich wichtig, überlebenswichtig.

      Wir berühren keine Wespen, weil deren Körper ein charakteristisches Bildmuster aufweist, das wir kennen und mit schmerzhaften Stichen verbinden. Aber ebenso wenig berühren wir eine ungefährliche Wespenschwebfliege – weil wir sie für eine Wespe halten. Erst wenn wir sie genau betrachtet, wenn wir sie „erforscht“ haben, können wir entscheiden wir, ob sie für uns gefährlich ist oder nicht.

      Stereotypen dienen dazu einen ersten Überblick, Ordnung zu schaffen, uns auf unbekannte Situationen einzustellen. Kategorisieren und Unterteilen ist ein wesentliches Element der Kognition und deren physiologischen Basis neuronaler Reflexe.

      Wir sind vorsichtig: Fremdes und Neues wird zunächst immer als bedrohlich eingeschätzt. Um unsere Überlebenschancen zu erhöhen, sind wir genetisch so programmiert. Fremdes, Neues erzeugt Ängste. Erst in der vertieften Auseinandersetzung mit diesem Fremden und Neuen, lernen wir dessen Bedeutung und Risiken für uns einschätzen.

      Auch bei der Wahrnehmung sozialer Gruppen werden dieser stereotypische Eigenschaften zugeschrieben, deren „Wahrheitsgehalt“ sich nur durch genaues Hinschauen, durch seriöse wissenschaftliche Untersuche belegen lassen. Hier entsprechen Stereotypen statistischen Werten taxonomischer Klassifizierung. Sie haben daher keinerlei Aussagekraft über das individuelle Verhalten. Es kann nicht genug darauf hingewiesen werden: Statistisch erhobene Eigenschaften und Stereotypien einer sozialen Gruppe beziehen sich ausschliesslich auf die untersuchte Gruppe und NIE auf deren einzelne Individuen. Wir können NIE vom Verhalten einer Gruppe auf das Verhalten eines ihrer Individuen schliessen, aber unter Umständen das Verhalten eines Individuums mit seiner Gruppenzugehörigkeit assoziieren.

      Genau hier liegt die Krux und das immer wieder politisch missbrauchte Missverständnis in der Beurteilung und Bedeutungszumessung von Gesellschaft und Individuum: In der Zuschreibung von Gruppen-Soziotypien im Einzelfall, an deren Individuen.

      Hinzu kommt bei der Wahrnehmung von Stereotypien sozialer Gruppen, insbesondere wenn diese Gruppen Minoritätscharakter haben, dass innerhalb solcher Minoritäten Stereotypien die Tendenz haben sich im Sinne eines circulos vitiosus oder einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zu verstärken. Gefängnisse verstärken das verbrecherische Verhalten ihrer Insassen.

      Um sich von andern sozialen Gruppen abzugrenzen, haben soziale Gruppen zudem die Tendenz Stereotypien, vor allem bezüglich konkurrenzierender sozialer Gruppen, zu Vorurteilen zu verstärken. Diese Vorurteile sind Zuschreibungen, die der wissenschaftlichen Untersuchung meist nicht oder eben nur bedingt standhalten.

      Entscheidend ist daher immer, dass man sich Einblick in die Funktionsweise der Zuordnung stereotypischer Eingenschaften verschafft und diese hinterfragt.

      Gerade das Beispiel des Umgangs mit der Mymikrie der Wespenschwebflige zeigt uns, wie wir mit Stereotypen umgehen sollten, ohne sie zu Vorurteilen werden zu lassen: Vorsichtig näher gehen, genau hinschauen, das Einzelwesen untersuchen und uns erst dann ein Urteil über dieses bilden.

      Aber falsch ist es auch den Umgang mit Wespen für harmlos und ungefährlich zu halten.

      Juni 21, 2015

      Ausgedient: Datenschutz im Informationszeitalter

      Ausgedient: Datenschutz im Informationszeitalter

      Der Schweizer Staatsschutz hat zu Überwachungszwecken zwischen 1900 und 1989 Fichen von rund 900‘000 inländischen Personen und Unternehmen angelegt. Die Entdeckung dieser Überwachung führte damals zu einem der grössten politischen Skandale die das Land je erlebt hat und in der Folge im Jahr 1992 zum Erlass des Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG).

      Aus heutiger Sicht, nach den globalen Überwachungsskandalen der letzten Jahre, nach den Machenschaften von NSA und den europäischen Nachrichtediensten, mutet dieser Skandal und dessen Ursache völlig lächerlich und blauäugig an. Gerade eben ist von der Bundesversammlung eine Änderung des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) beschlossen worden, dass nicht nur grosszügige Datenspeicherung sondern sogar die Einschleusung von Programmen und Staatstrojanern auf Computern erlaubt. „Sicherheit“ über alles – so weit so gut.

      Tatsache ist: Mein ganzes Leben wird damit heute lückenlos aufgezeichnet und gespeichert und kann bei Bedarf und Verdacht von der entsprechenden Behörde abgerufen werden:

      • Sämtliche physischen Bewegungen, wo ich mich in den laufenden Monaten des Jahres gerade befand, wo ich hingefahren oder hingegangen bin;
      • sämtliche Äusserungen, Gespräche, E-Mails oder SMS der letzten 12 Monate (unabhängig davon ob diese verschlüsselt sind oder nicht);
      • sämtliche Geldbezüge und finanziellen Transaktionen die ich in den letzten Monaten getätigt habe;
      • sämtliche Ausgaben und Einkäufe;
      • sämtliche Computerzugriffe, Websites, Social Medias, Bilder, Film- und Tondokumente die ich gepostet, bearbeitet oder ganz einfach konsumiert habe.

      Einschränken könnte ich diese Überwachungsmöglichkeiten höchstens sehr beschränkt. Wer will denn schon auf Handy, Bankbezüge und Kreditkarten oder den Computer verzichten?

      Was bei diesem Szenario noch mehr stört: Der Betroffene erfährt nie ob, dass und wie weit er überwacht wird oder worden ist, denn genau das fällt unter das Datenschutzgesetz. Anders gesagt, das Datenschutzgesetz richtet sich heute genau gegen das, zu dessen Schutz und Bewahrung es eigentlich vorgesehen war. Der Datenschutz hat seine Kinder aufgefressen.

      Tatsächlich schaffen die Datenschutzgesetze eine Zweiklassengesellschaft, nämlich derjenigen die Zugang zu den Daten haben oder sich diese beschaffen können und derjenigen die keinen Zugang zu den Daten haben. Dass heute sämtliche Daten unbescholtener Personen ohne deren Einwilligung auf Vorrat gespeichert werden – mit oder ohne Zugang durch Dritte – ist dabei extrem stossend, aber nicht mehr zu vermeiden und kann nie mehr rückgängig gemacht werden.

      Deshalb wäre es heute sinnvoller das Datenschutzgesetz aufzugeben und es durch ein Datenauskunftsgesetz zu ersetzen. Damit ich wenigstens halbwegs nachvollziehen könnte, ob ich überwacht werde oder worden bin oder nicht. Damit ich wenigstens das Gefühl einer gewissen Transparenz hätte.

      Juni 20, 2015

      Die Irrationalität menschlicher Weltbilder

      Die Irrationalität menschlicher Weltbilder

      Die nachstehenden phänomenologischen Überlegungen sind ein hypothetischer Anstoss, entsprechende wissenschaftliche Belege und Hinweis gibt es kaum.

      Émile Durkheim hat 1893 den Begriff des Kollektivbewusstseins als „Gesamtheit der Anschauungen und Gefühle, die der Durchschnitt der Mitglieder derselben Gesellschaft hegt“ definiert. Der Begriff hat nichts mit dem in der Esoterik verwendeten Begriff des kollektiven Bewusstseins zu tun.

      Das Kollektivbewusstsein lässt sich hinsichtlich emergent irrationaler Eigenschaften der Gefühle im Sinne der „participation mystique“ (Lucien Lévy-Bruhl) zum Begriff Kollektivweltbild erweitern. Damit meine ich hauptsächlich die Verinnerlichung und Internalisierung gesellschaftlicher Anschauungen durch deren Individuen, bis hin zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Kennzeichnend für das Kollektivweltbild ist das emotional-bestimmte Unvermögen in Anschauungen eingebettete Irrationalitäten erkennen zu können.

      Ein klassisches Beispiel dafür ist der mittelalterliche Hexenglauben. Es ist anzunehmen, dass Hexen in diesem Sinne in mittelalterlichen Gesellschaften (subjektiv für deren Menschen) Realität waren, oder wie das Thomas-Theorem (Dorothy Swaine und William Isaac Thomas) stipuliert: „Wenn Menschen Situationen als wirklich definieren, sind sie in ihren Konsequenzen wirklich.“. Im Beispiel des Hexenglaubens lassen sich die affektiven Besetzungen rational aus heutiger Sicht zwar feststellen, aber in ihrer emotionalen Durchdringung und Bedeutung nicht mehr nachvollziehen.

      Damit deutet der Begriff auf Grenzen der Möglichkeit hin vergangene Ereignisse adäquat erfassen zu können. Fakten lassen sich zwar, soweit vorhanden, rational belegen, aber die von den damaligen Individuen einer Gruppe oder Gesellschaft internalisierten affektive Besetzungen von Haltungen und Geschehen lassen sich rückblickend nur kognitiv verstehen. Mit diesem Nicht-nachvollziehen-können lassen sich auch viele Unverständnisse in Generationenkonflikten verstehen.

      Auch die heute bestehenden Kollektivweltbilder von Gruppen, Gemeinschaften und Gesellschaften unterliegen solchen festgefügten rigiden Vorstellungssystemen voller Irrationalismen und lassen kaum andere Sichtweisen zu, was sich vor allem in der Politik aber auch in den Wissenschaften äussert. Was nicht ins Weltbild einer Gruppe oder einer Gesellschaft passt, wird in diesem Sinne negiert, geleugnet, desavouiert, diffamiert, diskreditiert oder allenfalls zensuriert oder sanktioniert.

      Bestehende Kollektivweltbilder erschweren den Umgang mit der Geschichte, da in jedem bestehenden Kollektivweltbild vergangene Zusammenhänge neu gedeutet und interpretiert werden. Eine unvoreingenommene Sicht auf geschichtliche Vorgänge ist nur eingeschränkt möglich, weil wir uns nicht wirklich in vergangene Zeiten „zurückversetzen“, einfühlen, können. Einerseits weil wir mit einem aktuellen durch heutige Technologien und aktuellem Wissen bestimmten Blick zurückblicken, anderseits und vorallem, weil wir uns Vergangenheit aus einer bestehenden völlig veränderten verinnerlichten moralischen und ethischen Haltung „vergegenwärtigen“. Aktuelle Geschichtsforschung sagt daher mindestens ebenso viel mehr über unsere heutige soziale Kommunikation und gesellschaftliche Gegebenheiten aus, als über die soziale Kommunikation und gesellschaftliche Gegebenheiten der Epochen, die sie darstellen. Damit ist nicht die Auseinandersetzung mit (historisch nicht belegten) Mythen gemeint, die allerdings ihrerseits wiederum Teil von Kollektivweltbildern sind.

      Mai 24, 2015

      Gradmesser der Freiheit: Der Umgang mit der Sexualität

      Gradmesser der Freiheit: Der Umgang mit der Sexualität


      Der Umgang mit der Sexualität in der Gesellschaft ist ein zuverlässiger Indikator für den Grad der Freiheit in einer Gesellschaft.

      Je mehr sich Tabus und in der Folge meist Vorschriften gegen irgendwelche Aspekt des öffentlichen Erscheinens der Sexualität entwickeln, desto mehr sind auch andere Freiheiten der Individuen einer Gesellschaft bedroht. Das betrifft

      • sexuelle Präferenzen (Homosexualität, Genderwahl),
      • sexuelle Dienstleistungen (Prostitution),
      • Sexualpraktiken und
      • Öffentlichkeit der Sexualität (Nacktheit und „Pornografie“ im weitesten Sinne).

      Kein Wunder, dass beispielsweise die Ächtung der Homosexualität immer auch mit Einschränkungen der Meinungsfreiheit einhergeht. Tatsächlich ist sie nichts anderes als eine Einschränkung der Meinungsfreiheit!

      In den 70er-Jahren des letzten Jahrhundert ist die Sexualität in den Gesellschaften Europas und den USA weitgehend enttabuisiert worden, was sich auch in der Rechtssprechung der betroffenen Länder niedergeschlagen hat. Aufgrund der patriarchalen Struktur unserer Gesellschaften hat diese Enttabusierung parallel mit der Entwicklung des Internets zu einer gewaltigen Kommerzialisierung der Sexualität geführt.

      Vordergründig als Reaktion auf diese Kommerzialisierung wird die Erscheinung der Sexualität in der Öffentlichkeit seit Beginn des neuen Jahrhunderts in der Öffentlichkeit wieder mehr und mehr reglementiert:

      • Die Öffentlichkeit der Homosexualität wird in verschiedenen Ländern eingeschränkt (Russland und Osteuropa);
      • Die Prostitution wird reglementiert (Einschränkung der Strassenprostitution) oder für Konsumenten verboten (Westeuropa);
      • Alterslimiten für die sexuelle Betätigung werden erhöht (Westeuropa);
      • Vorschriften bezüglich der Darstellung in öffentlichen Medien (TV, Zeitschriften, usw.);
      • Nacktheit und Freikörperkultur werden eingeschränkt.

      Hintergund dieser neuerlichen Einschränkungen der Sexualität sind in erster Linie patriarchale Reaktionen unter anderem auch aufgrund transkultureller Veränderungen in Westeuropa. Statt die patriarchalen Ursachen zu analysieren und zu bekämpfen, wird die neuerliche Tabuisierung und Reglementierung euphemistisch mit diffusen Schlagwörtern wie „Jugendschutz“, „Würde (der Frau)“, „Ästhetik“ begründet.

      Der Kampf um sexuelle Freiheiten ist ein Kampf um Freiheiten generell oder wie der Wissenschaftler Erwin Haeberle sagt: „Ohne sexuelle Freiheit keine Demokratie“

      Mai 7, 2015